Glossar und Ausblick

Und so geht die Reise weiter:

Carola Hipper

CLOCKWISE

REISE durch TRAUM und ZEIT

II. Buch der Terra-lucida-Saga:

Gezeitenstürmer

 

I. Die Legende von Pharolon
Pharolon, der Weise
Der Urteilsspruch des Pharolon
II. Der Zorn der Dryaden
III. Die Prophezeiung des Telamon
IV. Der Raub des Magischen Auges
V. Die Zargonauten
Zargons Eid
Die Schlacht von Arcado
Der Raub der Heiligen Lade

 

Hauptgeschichte:

Kapitel 1: Blutiges Erwachen S.


I. Die Legende von Pharolon

    Pharolon, der Weise

 

Man schrieb das 20. Jahrtausend nach Zeitrechnung der Metaphoren, da schmiedeten im Lande Runavien im Zentrum des neuen Avalonia die drei Menschenkönige Gaius Lucius Norbanus, Valerius Maximus und Antonius Cassius Dio ein machtvolles Bündnis, das als das erste Große Triumvirat in die Geschichtsschreibung eingehen sollte. Mit der Begründung des ersten Triumvirates vereinigten sich die Länder Arboratien, Eurador und Runavien und bildeten damit ein machtvolles Gegengewicht zum Herrschaftsgebiet von Abdul Kadir Khan, dem Gebieter über Tangrien, Arrhavien und Libranur, der König Kreopander II. nach seinem Pyrrhussieg gegen den Valinterenfürsten Zargonerfolgreich geschlagen und von seinem Thron gestürzt hatte. Im Zeitalter Heliógros war Avalonia ein gespaltener Kontinent. In den nördlichsten Regionen sorgten Zweckbündnisse der Fürsten und Könige für politische Stabilität. Die zentralen Gebiete Avalonias wurden von einströmenden Nomadenvölkern aus dem Osten und von den nordstämmigen Avaloniern, die aus dem Süden über die Grenzen drängten, um vor dem neuen Großkhan zu flüchten, überflutet. Das neue Herrschertrio sollte dem Land Stabilität bringen und die unterschiedlichen Volksgruppen vereinen.

Über das Land Vyndunaî im südlichsten Teil Avalonias herrschte zur Zeit des ersten Großen Triumvirats König Pharolon, dessen Weisheit weit über die Grenzen seines Landes hinaus gerühmt wurde. Pharolon führte während seiner Regentschaft nicht einen einzigen Krieg. Er verzichtete auf die Erweiterung der Reichsgrenzen Vyndunaîs und erweiterte statt dessen seine friedlichen Beziehungen zu den umliegenden Ländern Bengalos, Libranur, Orandorien und Vazkalhakesh. Während seiner Regentschaft zwischen 19477 und 19567 n. MZR gelang es ihm, das von seinem Vater Herodot III. geschaffene Großreich im Wesentlichen zu erhalten und zu modernisieren. Er schuf eine moderne Verwaltung mit Beamtenstab und Aufteilung des Reiches in zwölf Bezirke. Auch das Heer wurde modernisiert und mit prachtvollen Kampfwagen ausgestattet.

Pharolon war ein begeisterter Bauherr. Während seiner Amtszeit errichtete er mit dem Segen des Thorrherrsios mehrere Städte in seinem Land, vor allem aber ließ er die Landeshauptstadt Ankh Anamur erweitern. Dort wurde der erste große Tempel zu Ehren der Havateri errichtet. Doch auch seinen eigenen Palast ließ er in Ankh Anamur errichten. Pharolon öffnete sein Reich gegenüber anderen Kulturen und Religionen, was ihm bei den Nachbarvölkern großes Ansehen verschaffte und ihm den Ruf des größten Weisen aller Zeiten einbrachte. Die Geschichtsschreiber seiner Epoche sprachen von der »pharolonischen Aufklärung«. Die Zeit seiner Herrschaft galt als eine Zeit des Friedens und Wohlstandes, angekündigt durch ein Offenbarung, die Pharolon zu Beginn seiner Regentschaft zuteil wurde. Die Ahnenmutter Athamae sei dem König im Traum erschienen, so erzählten sich die Wolkenkinder, und als die Große Schöpferin dem König einen Wunsch gewährte, da habe er sie um Weisheit gebeten, um sein Volk gerecht regieren zu können.

Es gefiel der Ahnenmutter, daß Pharolon sich nicht etwa ein langes Leben, Reichtum oder große Siege über seine Gegner wünschte, und so gewährte sie ihm all Wohlstand, Gesundheit und Erfolg zusätzlich zu der unermeßlichen Weisheit, die sie ihm eingab.

In späteren Überlieferungen finden sich zahllose legendäre Geschichten über Pharolon. In einer altgothadischen Schrift heißt es, König Pharolon habe Macht über die Dschinn innegehabt, die für ihn Schätze aus dem Meer beschafften und sogar den Tempel von Ankh Anamur erbauten. Er hatte einen magischen Stein, auf dem der Name der Großen Göttin eingeritzt war und mit dem er zum Herrscher über Tod und Leben auf Erden und in den Zwischenwelten geworden war. Auch soll ihm die Große Göttin die Macht über die Tierwelt übertragen haben, und er soll die Sprache der Vögel gesprochen haben. Im nordischen Volksglauben, namentlich in der Mythologie der Asturier, wird Pharolon dargestellt als erster namhafter König, der allein der Großen Göttin verantwortlich sei, er gilt als Inbegriff der Weisheit, der Menschen, Tieren und Geistern befiehlt, und der die Dschinn in Flaschen einsperrt und kurzfristig sogar Thanatos, den Tod, überwältigt und gefangen nimmt. Er wird dort auch als »Herr der Afarit« bezeichnet.

Aufgrund seiner architektonischen Weitsicht und wegen seiner vielen Tempelbauten im ganzen Land hat Pharolon auch für die Ritterschaft der späteren Rosenkreuzer eine besondere symbolische Bedeutung erlangt.

König Pharolon trieb regen Handel mit den Völkern des Nordens und des Ostens und sogar zu den weit entfernten Völkern der südlichen Hemisphäre ließ er diplomatische Beziehungen aufnehmen. Gemeinsam mit dem chounegassischen König Arsez von Tigray, der über erfahrene Seeleute verfügte, ließ er mächtige Handelschiffe bauen, die von Ankh al Abasha am südlichsten Pol Vyndunaîs in See stachen. König Pharolon schickte seine besten Seefahrer und die tollkühnsten Abenteurer auf große Fahrt gen Süden. Die Schiffe Pharolons brachen auf, das Goldland Ophiraî auf dem fernen Kontinent Atlanada zu entdecken. Als die Helden nach Jahren der Entdeckungsreisen auf hoher See von ihren Abenteuern zurückkehrten, brachten sie ihrem König Gold, Silber, Edelsteine, Sandelholz, Elfenbein, kostbare Stoffe, wilde Tiere und exotische Gewürze. Besonders reiche Beute machten die Abenteurer Halvaro de Neyra und Vásquez de Coronado. De Coronado brachte seinem König nicht allein Gold und Edelsteine, nach seiner Ankunft in der Heimat überreichte er Pharolon eine Schatulle mit dem Codex Sinaiticus, einer Schatulle mit sieben Papyrosrollen mit den sieben heiligen Siegeln, die er in einer kleinen Stadt an der Ostküste Chronossas nahe dem Thyrrojah-Plateau erbeutet hatte. De Coronado raubte die Schatulle aus dem Tempel der Ultrizia. Ein Priester der Großen Ahnin warnte den Tempelräuber vor dem Zorn der Unentfliehbaren. Der Abenteurer Halvaro de Neyra brachte seinem König das Zepter von Chadoum, das die Dunkle Ahnin Bromosthenia dereinst dem Valinterenfürsten Avidius Cassius in Obhut gegeben hatte. Das Heilige Zepter verleiht Macht über die Gezeiten, es vermag sogar das Meer zu teilen. Als Speer geworfen, läßt es den Gegner zu Eis erstarren.

König Pharolon war ein weiser Mann. Er ließ zwei prachtvolle Tempel errichten, um die Dunklen Gottheiten Bromosthenia und Ultrizia zu beschwichtigen. Das Heilige Zepter von Chadoum ließ er in den Tempel der Bromosthenia bringen und von vier unsterblichen Wächtern bewachen. Die sieben Papyrosrollen aber, gab er in sieben kupferne Schatullen und verschloß jede einzelne mit seinem königlichen Siegel. Dann ließ er die Schatullen von sieben weisen Frauen in die sieben verborgenen Höhlen von Tirrbeth-Doumrhan bringen, auf daß sie nicht von Dieben gefunden und entweiht werden sollten. Er ließ den Gottheiten Opfertiere darbieten, um ihren Zorn über die Entwendung der Insignien zu besänftigen.

Der Urteilsspruch des Pharolon

 

Zu Zeiten König Pharolons trug es sich zu, daß ein junger bengalischer Konvertit durch die Lande zog und seine Lehren verbreitete. Der Bengale war ein religöser Fanatiker mit Namen Cephiro, der Zweifler, der die Herrschaft der Großen Ahnen und die Macht der zwölf Weltengötter anzweifelte und statt dessen die Herrschaft eines einzigen Gottes, genannt Elohim, forderte.

Die Berater Pharolons verlangten, den Bengalen hinrichten zu lassen, weil er das Volk mit seinen ketzerischen Reden aufwiegelte, doch der weise König entschied anders. Er erließ ein Gesetz, das jedem Gläubigen die freie Wahl seiner Religion garantierte. Statt nun den Prediger zu verfolgen und verhaften zu lassen, bat Pharolon ihn an seinen Hof, und hörte sich an, was er zu sagen hatte. Der Bengale berichtete dem vom Tag des Jüngsten Gerichts, an dem alle Sünder, die die Gebote Elohims, des einen und einzigen Gottes mißachteten, gerichtet werden sollten. König Pharolon fragte den jungen Mann, der sich gemäß seiner Lehren »Zoroastrier« nannte, ob auch er, der König, am Tag des Jüngsten Gerichts von Gott gestraft werde.

Darauf antwortete Cephiro, daß ein jeder, der am Jüngsten Tage in das Himmelreich eingehen wolle, statt der ewigen Verdammnis anheim zu fallen, dem Götzendienst abschwören und Elohim, den Herrn, als alleinigen Gott anerkennen müsse. Die Gesetze seines Gottes seien für alle Menschen gleich welchen Standes gültig, so sprach der Zoroastrier, selbst der mächtigste König habe sich der Allmacht Gottes zu unterwerfen. Cephiro fürchtete um sein Leben, als der diese Worte aussprach, denn jeder andere König hätte ihm für diese Lästerung den Kopf abschlagen lassen. Doch der Ruf des Königs Pharolon, ein weiser und toleranter Herrscher zu sein, kam nicht von ungefähr. Die Leidenschaft und Tollkühnheit, mit der der junge Bengale seine Überzeugung vertrat, erweckte sein Interesse. Da forderte er den Zoroastrier auf, ihm von den Lehren seines Gottes zu berichten. Elohim sei ein gütiger Gott, so sprach Cephiro, daher sei es nie zu spät, der Vielgötterei abzuschwören. Gott zwinge den Menschen zu nichts, denn der Mensch sei als vernünftiges Wesen frei geboren. Und allein durch seine freie Entscheidung und durch seine persönliche Einsicht sei der Mensch fähig, zu Gott zu gelangen. Zwischen dem weisen König und dem jungen Bengalen entspann sich eine rege Diskussion über Theologie und Religion, wobei sich herausstellte, daß sich die Lehren, so verschieden sie in ihrer Auslegung auch sein mochten, in wesentlichen Fragen sehr ähnelten. Trotz einiger Übereinstimmungen bezweifelte Pharolon, daß sich eine monotheistische Religion wie sie der junge Bengale vertrat, in seinem Lande je würde durchsetzen können. Und so diskutierten sie weiter, bis in die Abendstunden und bis in die tiefe Nacht. Am anderen Morgen setzen der König und der junge Bengale ihren Disput an der Frühstückstafel fort. Da trug es sich zu, daß zwei Frauen von hohem Stande um des Königs Richterspruch baten. Der König ließ sie vortreten und erteilte ihnen das Wort. Es stellte sich nun heraus, daß die beiden Frauen Mutter und Tochter waren, die um einen Sklaven stritten. Die Mutter trat vor und sprach: »Mein Mann versprach mir diesen Sklaven kurz vor seinem Tod. Daher habe ich das Vorrecht, ihn zu besitzen!«

»Das kann nicht wahr sein! Meine Mutter lügt!« wehrte sich die Tochter. »Mein Vater schenkte mir den Sklaven zu meinem Geburtstag, kurz bevor er starb. Er gehört mir allein!«

»Es ist nicht wahr! Glaubt mir, großer König, meine Tochter erhebt zu unrecht Anspruch auf den Sklaven«, beteuerte die Mutter.

»Nun, mein junger Freund«, sprach der König, Cephiro zugewandt. »Wie mir scheint, haben wir hier einen interessanten Fall. Was meint Ihr, wollen wir dem Problem auf den Grund gehen?«

»Mir scheint die Lösung reicht einfach«, meinte der Bengale. Er wandte sich den Frauen zu und sagte: »Ihr scheint mir nicht aus armem Hause zu stammen. So sprecht denn, gibt es in eurem Haus nur diesen einen Sklaven?«

»Oh, nein, hoher Herr! Natürlich ist Andoreas nicht unser einziger Sklave«, antwortete die Tochter. »Aber er ist der beste und der zuverlässigste!« fügte sie rasch hinzu.

»Für eine von euch wird sich Ersatz finden!« meinte Cephiro gelassen.

»Oh nein! Andoreas ist unersetzbar!« beteuerte die Mutter.

»Richtig«, bestätigte ihre Tochter. »Keine von uns wird freiwillig auf ihn verzichten!«

»Wir möchten diesen Andoreas in Augenschein nehmen! Dann werden wir ein Urteil fällen«, sagte der König mit einem Funkeln in den Augen.

»Natürlich gern«, sagte die Mutter. Die Tochter ergänzte beflissentlich: »Er wartet draußen!«

»Nun, worauf wartet Ihr? Laßt ihn hereinbringen!« Wenig später führten zwei Palastwächter den Sklaven in den Thronsaal.

»Bringt ihn näher, wir möchten ihn genauer betrachten«, befahl König Pharolon. Die Wächter taten wie geheißen und warfen den jungen Mann auf den Boden vor die Füße des Königs. Andoreas hielt sein Haupt gesenkt, während er vor dem König kniete. Pharolon musterte den Sklaven mit prüfendem Blick. Er war jung, kaum älter als die jüngere der beiden Frauen, und von makelloser Statur. Sein schwarzes Haar war fiel ihm wild in die Stirn, seine Haut war braungebrannt, er besaß wohldefinierte Muskeln, die jedoch nicht so stark ausgeprägt waren wie die eines Feldarbeiters oder gar eines Gladiatoren. Seine Züge waren von einer unverkennbaren Sanftmut, seine Hände, die man mit Stricken gebunden hatte, verrieten den Feinsinn eines Harfenspielers oder eines Dichters. Ohne Zweifel mußte dieser Sklave keine harte Arbeit verrichten. Es war unverkennbar, daß seine Herrinnen ihn bevorzugt behandelten. Endlich breitete sich ein wissendes Lächeln über dem Antlitz des Königs aus. Der Regent wandte sich abermals dem Bengalen zu und fragte ihn, wie sein Gott Elohim den Streit der Frauen schlichten würde. Cephiro antwortete:

»Mein Gott ist weise und gerecht. Man unterziehe die Frauen einem Gottesurteil, indem man sie barfuß über zwölf rotglühende Schwerter laufen lasse. Die rechtmäßige Eigentümerin des Sklaven werde die Feuerprobe bestehen, die Lügnerin aber werde vor Gott versagen.«

Kaum hatte er diese Worte gehört, hob Andoreas für einen kurzen Moment den Blick. König Pharolon, der nicht nur ein weiser Herrscher, sondern auch ein guter Beobachter war, bemerkte einen Anflug von Entsetzen in den Augen des Sklaven, als dieser hörte, welche Prüfung seinen Herrinnen bevorstand.

»Eine Feuerprobe schlägst du also vor.« König Pharolon fuhr sich nachdenklich mit den Fingern durch den Bart. Plötzlich blickter er auf und sprach: »Man werfe den Sklaven in einen Bottich mit siedendem Öl! Wer ihn herauszieht, darf ihn behalten!«

Die Frauen blickten einander entsetzt an.

»Aber Herr!« rief die Ältere. »Das wird er nicht überleben! Das dürft Ihr nicht tun! Er wird unter großen Schmerzen sterben! Bitte, habt Erbarmen!«

»Ja!« stimmte die Jüngere ein. »Bitte tut ihm das nicht an! Er ist noch so jung! Selbst wenn er die Prüfung überlebt, wäre seine Schönheit für immer dahin!«

»Nun, Cephiro, was sagt Ihr?« wollte der König wissen.

»Ihr seid hart, aber gerecht – wie Eure Götter!« stellte der Bengale fest.

»Nun denn! So sei es!« sprach der König. »Man hole einen Kupferkessel, befülle ihn mit Öl und entzünde ein Feuer! Auf daß die Götter ein gerechtes Urteil fällen mögen!«

Die ältere der beiden Frauen hielt sich voller Entsetzen die Hand vor den Mund. Die Jüngere warf sich vor dem König auf die Knie und flehte um Gnade. Doch der Herrscher ließ sich nicht erweichen. Bis zum Mittag des nächsten Tages hatten Diener und Zimmerleute auf dem großen Forum im Zentrum des Palastes einen Scheiterhaufen mit einem Gerüst errichtet, an dem ein übergroßer Kupferkessel befestigt war. Die Bürger von Ankh Anamur hatten sich zahlreich eingefunden und auf dem Forum versammelt, um dem Schauspiel beizuwohnen. Als das Feuer geschürt war, brachte man den Sklaven herbei, dessen Augen verbunden und dessen Hände und Füße gefesselt waren. Der König ließ die beiden Frauen herbeiholen und zu dem Kessel führen. Dann richtete er das Wort an sein Volk:

»Ihr Bürger von Ankh Anamur! Sehet nun und bezeugtet die Allmacht und die Gerechtigkeit eures Herrschers! Diese beiden Frauen streiten um einen Sklaven! Sie kamen zu uns und erflehten einen gerechten Urteilsspruch! Und nun lasset die Götter richten! Werft den Sklaven in den Kessel!«

Da hörte man die ältere der Frauen plötzlich laut aufschreien:

»Im Namen der Götter, laßt Ihn frei! Ich verzichte auf mein Vorrecht! Meine Tochter soll ihn haben! Aber bitte, bitte, laßt ihn am Leben!« Sie hatte sich auf die Knie geworfen und die Hände wie zum Gebet gefaltet. Ihr Gesicht war von Schmerz und Angst verzerrt, Tränen liefen über ihre Wangen, als sie schluchzte: »Oh, bitte, bitte, großer König, seid nicht nur weise, seid barmherzig! Tötet meinen Sklaven nicht! Ich verzichte auf ihn, wenn ihr ihn nur leben laßt!«

Ein Raunen ging durch die Menge. Die Menschen blickten ihren Herrscher erwartungsvoll an. Mit einer festen Bewegung seiner Hand gebot König Pharolon seinen Knechten Einhalt. Pharolon warf Cephiro, dem Zweifler, einen wissenden Blick zu, bevor er sich abermals seinem Volk zu wandte:

»Bürger von Ankh Anamur, ihr alle könnte bezeugen, daß diese Frau bereit ist, auf den Sklaven zu verzichten.« Der König sah die ältere der Frauen, die noch immer weinend und schluchzend auf den Knien lag, mitfühlend an.

»So gehört er also mir!« frohlockte die Tochter und machten einen Schritt auf Andoreas zu.

»Halt!« gebot Pharolon. »Nicht der Tochter gebührt das Recht an dem Sklaven! Übergebt ihn der Mutter! Durch ihren Verzicht hat sie sich als die rechtmäßige Herrin des Andoreas erwiesen!« Wieder ging ein Raunen durch die Menge, das sich mit einem Mal in beifälliges Klatschen verwandelte.

»Nun, Cephiro, seid Ihr mit meinem Urteil einverstanden?« wandte sich der König an den Bengalen.

»Ein wahrhaft weiser Urteilsspruch«, bekannte der Angesprochene. »Wie es scheint, sind die beiden Frauen verliebt in den Sklaven. Offenbar konnten sie sich aus diesem Grund nicht einig werden.«

»Ganz recht«, stimmte der König zu. »Doch wie mir scheint, sind die Motive der Tochter selbstsüchtiger Natur. Sie möchte den Andoreas besitzen, wahre Liebe offenbart ihr Gesicht in Aufopferung und Selbstlosigkeit. Die Gefühle der Mutter sind rein und wahrhaftig. Der Sklave kann sich glücklich schätzen, die Gunst einer solchen Frau zu genießen.«

»Er kann sich glücklich schätzen, einen Weisen zum Richter gehabt zu haben!« fügte Cephiro lächelnd hinzu, bevor er sich ehrerbietig vor dem König verneigte.

Ganz Vindunaî hörte von dem Urteil, das König Pharolon gefällt hatte, und das Volk schaute mit noch mehr Ehrfurcht zu ihm auf; denn die Menschen hatten erkannt, daß die Weisheit der Götter in ihm wohnte, wenn er Recht sprach.

II. Der Zorn der Dryaden

 

Nach seiner Niederlage in der Schlacht zu Lyssos wurde der Valinterenfürst Zargon gefangengenommen und in Ambraz, der Stadt der Exempel, an den Drakonischen Felsen geschmiedet, wo er ausharrte, bis eine der großen Havatheri sich seiner erbarmte und ihn durch die Kraft ihrer unsterblichen Liebe befreite. Durch ihre Vermählung mit dem dunklen Fürsten hatte Estra-Rah-Diva, die schönste Tochter der Großen Göttin, Verrat begangen an den Gesetzen der Großen Ahnen. Sie wurde aus dem Rat der Vierundzwanzig ausgestoßen und in die Zwischenwelt verbannt. Erstmals besaßen die Dunklen Ahnen die Mehrheit im großen Rat. Damit war das Gleichgewicht der Kräfte gestört. Nach der Befreiung des Valinterenfürsten gebar ihm seine Gemahlin eine Tochter mit Namen Elinan-Rah. Das Kind war der lebende Beweis für den Regelbruch, dessen sich die göttliche Ahnin schuldig gemacht hatte. Damit aber das Kind von den Verfehlungen seiner Eltern unbeschadet bleibe, wurde es in die Obhut einer nordischen Tentoridentochter gegeben, die sich verpflichteten, dem Mädchen bis zum Tage seiner Volljährigkeit seine hohe Herkunft zu verschweigen. Estra-Rah-Diva, die gefallene Göttin, ehemals Angehörige des Großen Rates, fristete nach der Trennung von ihrem Kind ein einsames Dasein in den Sümpfen von Galunath; Zargon aber kehrte zurück in seine Heimat, wo er sein Volk zum Kampfe aufrief. Er begann, ein neues Heer aufzustellen. Doch sein Heimatland Valinturien war ausgeblutet. Seine Brüder und Schwestern waren vor den einfallenden Mannen Kreopanders II. geflohen und in alle Winde zerstreut. Und so streifte Zargon durch die Lande, auf der Suche nach Verbündeten. Sein Weg führte ihn entlang den Ufern des Flusses Alhavazcan in westlicher Richtung. Er durchstreifte die Wälder von Lyrithia, bis er zum Flußdelta des Shannogolaz gelangte. Von dort führte ihn sein Weg nordwärts bis an die Grenze Linguriens, dem Heimatland der Dryades, jenen geheimnisvollen Baumgeistern, die der Legende nach aus der Vereinigung der göttlichen Idyllanora mit einem Dragarr, einem untoten Berggeist, hervorgegangen waren. Die Wolkenkinder erzählten sich, der Wald sei verflucht, die Bäume seinen lebendig und von Geistern besessen, die einsame Wanderer in ihr Inneres hineinzogen und sie nie wieder freigaben.

Zargon folgte dem Fluß, bis dieser sich teilte und als Nioh Lingurah die natürliche Grenze zwischen Lingurien und dem Zwergenreich Kenturiens bildete. Zargon folgte dem weiteren Verlauf des Shannogolaz zunächst nordwärts. Auf Höhe der Stadt … machte der Fluß an seinem nördlichsten Punkt eine Biegung und floß weiter in südwestlicher Richtung weiter. An dieser Stelle hielt sich Zargon nordwärts, bis er mit seiner kleinen Reiterschar die Kupfermienen von Hen-Guarçao erreichte. An einer Waldlichtung vor dem Eingang der Mienen ließ er absitzen und das Nachtlager aufschlagen. Zargon ließ ein Feuer entfachen, dann schickte er vier seiner besten Krieger auf die Jagd. Valinteren vom Stamme der Norrivah ernährten sich hauptsächlich von menschlichem Blut. Doch in Zeiten, da die Menschen sich in Städten und Stadtstaaten organisiert und die Herrschaft über die Zwischenwelten errungen hatten, waren die Schwarzzellvampyre gezwungen, ihren Hunger an tierischem Blut zu stillen. Sie jagten vor allem des nachts, denn nach Einbruch der Dunkelheit waren sie ihren Opfern zumeist überlegen. Die Norrivah verfügten nicht nur über ein überragendes Gehör und einen ausgeprägten Geruchssinn. Sie erspähten ihre Opfer, indem sie Ultraschall aussandten, der von ihren Opfern reflektiert wurde. Auf diese Weise konnten sie selbst weit entfernte Bewegungen ausmachen, lange bevor ihre scharfen Augen die Beute wahrnahmen. In dieser Nacht gelang es Zargons Kriegern, einen Hirsch, der die Wälder von Lyrithia durchstreifte, zu erlegen. Sie schleiften das lebendige Tier zum Lager, um ihrem Fürsten die Ehre zu erweisen. Zargon stillte als erster seinen Durst, dann fielen seine Gefolgsleute über das Tier her. Sie zerrissen seinen Leib und nährten sich von seinem Blut und seinem Fleisch bis auf die knöchernen Überreste, die sie achtlos ins Unterholz warfen. Kaum war dies geschehen, da fuhr ein eisiger Windhauch durch die Bäume, die Pferde scheuten, als ein Raunen und Wispern, das rasch anschwoll, die nächtliche Stille durchbrach wie ein böses Omen. Die Baumwipfel bogen sich im Wind, das Blattwerk der Eichen, Linden und Kastanien verströmte eine unheilvolles Knistern und Rascheln. Kurz darauf waren die Stimmen des Waldes verstummt, eine bleierne Stille legte sich über das Land. Zargons Gefolgsleute zogen ihre Schwerter. Sie bildeten einen schützenden Ring um ihren Anführer. Gefahr lag in der Luft, doch der Feind blieb unsichtbar. Es war, als treibe ein schattenhafter Gegner, der es verstand, sich den Sinnen der Vampyre zu entziehen, ein grausames Spiel mit der kleinen Schar. Die Nerven der valinterischen Krieger waren zum Zerreißen gespannt. Minutenlang geschah nichts. Totenstille lag über dem Wald. Kein Rascheln der Blätter war zu hören, kein Uhu schickte seinen Ruf in die Nacht, es war, als halte die Zeit selbst den Atem an. Zargons Krieger weiteten den Kreis um ihren Anführer, langsam traten sie vor in den Wald, da kam ein unheimliches Surren auf, das zu einem verhaltenen Singsanglaut anschwoll und gleich darauf verebbte. Dann ging alles sehr schnell: Der Wald erwachte zum Leben, die Bäume wurden zu gläsernen Statuen, deren Stämme in ihrem Inneren ein blau- und rotschimmerndes Adergeflecht erkennen ließen. Zwischen den Blutgefäßen der mächtigen Baumstämme zeichneten sich die Gesichter geisterhafter Kreaturen ab: Es waren die legendären Dryades, jene Schattenwesen, die im Inneren der Bäume wohnten. Blitzschnell traten die Geistwesen aus ihren hölzernen Verstecken hervor. Ehe die valinterischen Krieger wußten wie ihnen geschah, waren sie schon von den Dryaden gepackt und in die magischen Baumstämme hineingesogen worden. Gleich darauf verwandelten die Bäume ihre Gestalt, sie gaben ihre gespenstische Transparenz auf und wurden wieder zu Eichen, Kastanien und Linden. Idyllanoras Kinder hatten ihre Tat vollbracht. Von den zwölf Kriegern Zargons waren neun den Baumgeistern zum Opfer gefallen. Der Valinterenfürst und seine drei überlebenden Krieger flüchteten in Kupfermienen von Hera-Guarçao.

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Glossar zum 1. Buch

Absinth: aus der Wermuth-Pflanze gewonnener Likör, der ein ätherisches Öl enthält.

Adansobaum: Wollbaumgewächs aus der Familie der Malvaceae.

Alethejah: Wahrheit (in Abwandlung von: Aletheia, griech. Wahrheit).

Algebra: Zweig der Mathematik, der sich mit der Lösung von Gleichungen mit Unbekannten befaßt.

Amethyst: Mineral, violettfarbene Abart des Bergkristalls.

Anangu: Ureinwohner Auroriens.

Androchat: Epoche der Weltenumsegler, s. auch »Zeitalter«.

Androgyn: zweigeschlechtliches, nicht fortpflanzungsfähiges Wesen, Zwitterwesen.

Ápeiron, das Allumfassende, die wahre Unendlichkeit. Anfang und Ursprung aller seienden Dinge.

Arenga: aus dem Französischen abgeleitet von harangue (»feierliche Ansprache «) bzw. aus dem Germanischen von hariring (»Heeresring«, ringförmige Versammlung des Heeres für eine Ansprache); eine Arenga handelt - zumeist in pathetischer Weise - von Herrschertugenden, von der Hoffnung auf eine höhere Gerechtigkeit und von Recht und Frieden. Im TL-Zyklus ist die Arenga eine Sammlung von Mythen und Heldensagen, die der Haupthandlung vorgeschaltet ist/sind, um Hintergründe und Schauplätze einleitend zu erklären.

Azansalz: Ammoniak.

Balg: ein umhüllendes, bewegliches, verschiebliches Verbindungsteil aus Leder, Gummi u. a., z. B. zwischen Eisenbahnwaggons oder zw. beweglichen Maschinenteilen; Verbindungsstück/Schleuse in Zügen.

Bandachat: sechstes Zeitalter, auch: Zeitalter der Grauen Winde.

Bogumile: »Gottliebender«.

Brikolieren: (Billard) der Ball berührt zuerst die Bande und trifft dann erst die anderen Bälle.

Canapé: Sofa.

Chasse: Billard mit 15 Bällen.

Chimäre: die, Individuum, das aus genetisch unterschiedlichen Teilen besteht [Zoologie, Botanik]; im griechischen Mythos bezeichnet Chimaira ein feuerschnaubendes Ungeheuer, vorn Löwe, in der Mitte Ziege, hinten Drache, das von Bellerophon getötet wurde.

Chiton: in der Mode der alten Griechen eine Stoffbahn, die um den Körper gelegt, über den Schultern mit zwei Agraffen zusammengehalten und unter der Brust gegürtet wurde.

Chosioz, heilige Quellen von: Wasserquellen am Berg Chosioz, die der Legende nach das Geheimnis der Schöpfung bergen; bewacht von Xerberos, dem Höllenhund.

Chupacabra: Känguruh mit einem Fledermauskopf, blutroten Augen und groß dimensionierten Ohren. Das Wesen ist ein gefährlicher Blutsauger mit kräftigen, spitzen Dornen auf Rücken und Schwanz.

»Comtesse saglante«: frz. »blutige Gräfin«, Beiname der Elisabeth Báthory, die mit Vorliebe in Mädchenblut badete, um ihre Schönheit zu bewahren.

Drakonischer Felsen: Prangerstätte für den Valinterenfürsten Zargon.

Epilepsie: Fallsucht, Krampfanfälle mit Zuckungen des ganzen Körpers.

Esquitaner: Wildpferderasse Auroriens.

Fata Morgana: durch Luftspiegelung verursachte Täuschung; atmosphärische Erscheinung, bei der infolge einer starken Brechung (Refraktion) von Lichtstrahlen beim Durchgang durch Luftschichten unterschiedlicher Temperatur und damit unterschiedlicher optischer Dichte ein entfernter Gegenstand mehrfach, im allgemeinen verzerrt und zum Teil auf dem Kopf stehend (dann als Spiegelung empfunden) gesehen wird. Je nach Kontext kann »Fata Morgana« auch metaphorisch zu verstehen sein.

Galaxanten: extraterrestrische Besucher der Welt.

Gathas (=Gesänge): urspr. Sammlung von Liedtexten aus der Avesta, dem religiösen Buch der Zoroastrier, die von Zarathustra und/oder von seinen Jüngern verfaßt wurde. Im Universum von Terra lucida bildet das Gathas-Gebirge mit seinen mystischen Wäldern im Lande Galadazûr auf dem Kontinent Atlanada den Zufluchtsort der »gefallenen Göttin« Estra-Rah-Diva.

Gaya: zweites großes Zeitalter.

Geographie: Erdkunde.

Haoma: Elixier der Unauflöslichkeit.

Havatheri: Übergeordnete Gottheiten, 24 Bewahrer des Großen Gleichgewichts, auch: Große Ahnen, Große Schöpfer. Von den zwölf Schwarzen (Schattengeister) und den zwölf Weißen Ahnen (Wolkengeister) stammen alle Menschen, Zauberer und Magier ab. Tragen in der Mitte der Stirn ein großes Avos-Auge als Zeichen von Weitsicht (jedoch nur, wenn sie menschliche Gestalt annehmen).

Heliógros: achtes Zeitalter, auch: Zeitalter der Schwarzen Sonne.

Himation: altgriechischer wollener Mantel von rechteckigem Schnitt.

Huoren: priviligierte Dayaner, die einer Oase angehören

Hypnos: »Schlaf, Gott des Schlafes«.

Ignorant: dummer, unwissender Mensch.

»Implantatio!«: Zauberspruch, der eine Transplantatio morborum einleitet.

Inzest: geschlechtliche Beziehung zw. Blutsverwandten.

Jugulum, das Weiße Jugulum: magisches Amulett in Form einer vierfachen Acht; [lat. Schlüsselbein und darüber liegende Grube, Kehle, Fossa suprasternalis. Jugularis: lat. zur Kehle gehörend].

Karambolage: Billardspiel, bei dem der Spielball einen roten und den gegnerischen weißen Ball in einem Gang nacheinander treffen soll.

Kastellan: Burgvogt, Schloßaufseher.

Katar, auch Bundi-Dolch: kurzer Stoß- oder Faustdolch

Kinawan: siebentes Zeitalter, auch: Zeitalter der Vergeblichkeit.

Kotule: antike Maßeinheit.

Kraken, norwegisch (Oktopoden), artenreiche Ordnung achtarmiger Kopffüßer mit kurzem, sackförmigem Körper und sehr beweglichen, meist gleich langen Armen mit Saugnäpfen. Der gemeine Krake (Oktopus) der Küsten warmer Meere zeigt reichen Farbwechsel und erreicht bis 3 m Länge. Volkstümlich werden Riesenkalmare oft als Kraken bezeichnet.

Lästrygone(n): in der griech. Sage ein Volk menschenfressender Riesen, das Odysseus’ Schiffe auf der Heimfahrt von Troja bis auf eines vernichtete.

Lathe biosas[griech. »lebe verborgen«]: Grundsatz Epikurs, der zwar Gehorsam gegenüber dem Gesetz empfahl, es aber auch für richtig hielt, angesichts der unsicheren politischen Zustände fern vom Staatsleben im abgeschlossenen Freundeskreis zu leben.

Licht Verhamael: s. »Verhamael«.

Lunationen: Mondwechsel.

Luzide Handschuhe: Tarnhandschuhe, die ihren Träger unsichtbar machen. Der Träger der Handschuhe kann sich zwischen verschiedenen Zeitebenen hin- und herbewegen. Dadurch sieht es so aus, als sei sein Körper, der sich in Wirklichkeit gar nicht von der Stelle bewegt, unsichtbar.

Mach: Einheit, kennzeichnet das Verhältnis der Geschwindigkeit eines Körpers zur Geschwindigkeit des Schalls. Mach 0,8 entspricht einer Geschwindigkeit von ungefähr 272 m/Sek. in Luft.

Makrochiropterus: Fledermausmensch.

Mangold: (Römischer Kohl) Unterart der Runkelrübe mit unverdickter Wurzel.

Manisch-depressive Erkrankung: psych. Störung, bei der der Erkrankte starken, phasischen Stimmungsschwankungen (von »himmelhoch jauchzend« bis »zu Tode betrübt«) ausgesetzt ist.

Mayazener: gezüchtete Pferderasse Auroriens.

Menuett: ungeradetaktiger, mäßig bewegter Tanzsatz, der im 17. Jh. an den frz. Hof kam.

Metaphoren, auch: »Wolkenkinder«; direkte Abkömmlinge der Weißen Havatheri in menschlicher Gestalt. Ihre Heimat sind die Wolken der Zwischenwelten Thalamarrh und Wanamarrh

Milan: bussardähnlicher Greifvogel mit gegabeltem oder gekerbtem Schwanz.

Nandu: ähnelt dem afrikanischen Strauß, ist aber kleiner, wird auch Amerikanischer Strauß genannt. Wird etwa 1,70 m hoch, hat einen kräftigen Körper und ebensolche Beine sowie ein graubraunes Gefieder. Nandus leben in den südamerikanischen Pampas und sind sehr gute Läufer.

Neurotiker: seelisch erkranktes Wesen (Mensch, Geist, Vampir usw.), das auf seine Umwelt mit übertriebener Angst oder Abwehr reagiert. Die Ursachen einer Neurose können vielfältig sein. Oft liegt ein fehlverarbeitetes Erlebnis zugrunde. Neurotische Wesen reagieren auf ihre Umwelt und auf ihre Mitwesen häufig überempfindlich.

Nickhaut: Bindehautfalte, die sich z. B. bei Reptilien, Vögeln und einigen Haiarten schützend über das Auge schieben kann.

Nictilioniden: geflügelte Ungeheuer mit Krallen und Zähnen aus Eisen; Monstren, die die Früchte der Adansobäume verteidigen.

Obsidian: natürlich vorkommendes, vulkanisches Gesteinsglas; im TL-Universum bezeichnet O. ein Zeitalter.

Orthographie: Rechtschreibung (oder was davon heute noch übrig ist…).

Panchirodyt(en): geflügelter Schimpanse, enger Verwandter der Fledermaus. Verfügt über hundeähnliche Reißzähne. Werden Panchirodyten in die Enge getrieben, spucken sie dem Angreifer ein säurehaltiges Sekret in die Augen.

»Papaver somniferum!«: Zauberspruch, der Zellprozesse erlahmen läßt, die Zellen quasi »einschläfert«, um den Alterungsprozeß des Organismus zu beschleunigen; wörtl. Schlafmohn.

Paternoster: Aufzug ohne Tür, der dauernd fährt, ohne anzuhalten.

Pier: senkrecht zum Ufer ins Fahrwasser vorgebauter Hafendamm, Anlegestelle für Schiffe.

Plethron: antike Maßeinheit.; 1 Plethron entspricht 100 Podes (Fuß = 31,6 cm), wobei 1 Pous (Einzahl von Podes) 3/5 der ägyptischen Königselle entspricht.

Pontoflexikel: schlauchbootähnl. Fortbewegungsmittel, das von Laserschienen geleitet über dem Boden schwebt. Pontiflexikel erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 500 m in der Sekunde.

Pranger (Schandpfahl, Staupsäule): Pfahl, an dem im Mittelalter Verurteilte öffentlich zur Schau gestellt wurden.

Queue: Billardstock.

Quiche: Speckkuchen aus Mürbe- oder Blätterteig.

Ranidogre(s): Froschwesen.

Rhogeda: Furt zu den heiligen Wassern von Chosioz.

Schallgeschwindigkeit in Luft: 340 m/Sek.

Sisyphos: im griechischen Mythos Sohn des Windgottes Aiolos, Gründer und König von Korinth.

Sisyphusarbeit: sinnlose Anstrengung, schwere, vergebliche Arbeit [nach dem sagenhaften König von Korinth, Sisyphos, der von Zeus dazu verurteilt wurde, in der Unterwelt einen Felsbrocken einen Berg hinaufzurollen, der jedesmal, wenn er oben angekommen war, wieder hinunterrollte].

Sphinx: Mischwesen mit dem Körper eines Stieres, Löwenschwanz und Löwenpranken, einem menschlichen Kopf und Adlerschwingen.

Symurgh: Saena senmurvia: Vogelwesen mit Hundekopf, oft mannshoch mit einer Flügelspannweite von bis zu sechs Metern. Die Farbe seines Gefieders ist zumeist braun, karmesinrot, gelegentlich auch grün oder gold; besitzt lange, wehende Schwanzfedern wie bei einem Paradiesvogel; besondere Fähigkeiten: kann sprechen und durch intuitive medizinische Kenntnisse heilen, oft allein durch Berührung.

Talmud:[hebräisch »Lehre«] der, neben der hebräischen Bibel das Hauptwerk des Judentums, entstand in einem mehrhundertjährigen mündlichen und schriftlichen Überlieferungsprozeß; in seinen beiden Textgestalten ist er das Ergebnis der Sammel- und Lehrtätigkeit der rabbinischen Akademien von Palästina (palästinensischer Talmud, Endredaktion um 500) und Babylonien (babylonischer Talmud, Endredaktion um 600). Der Talmud besteht aus der Mischna, dem in 6 »Ordnungen« (Sedarim) und 63 Traktaten thematisch geordneten jüdischen Religionsgesetz, und der Gemara, ihrer vielschichtigen Kommentierung, bestehend aus Haggada und Halacha. Inhaltlicher Schwerpunkt des Talmuds ist die Ableitung, Begründung, Diskussion und Formulierung von Grundsätzen für ein dem Willen Gottes (der Thora) entsprechendes Leben im umfassenden, über den kultisch-religiösen Bereich hinausweisenden Sinn.

Tengu(s): halb menschliche, vogelähnliche Wesen, die als mächtige Krieger gefürchtet sind. Ihre bevorzugten Waffen sind Schwert und Morgenstern.

Terra lucida: das erleuchtete Land; Welt jenseits von Thalamarrh. Terra lucida ist das Land der absoluten Freiheit, der vollkommenen Liebe, und es ist das Land, in dem die Zeit keine Rolle spielt. Deshalb gibt es dort kein Altern oder gar Sterben. Es ist das Land, das die Seelen der Verstorbenen aufnimmt, sobald ihre Körper verbraucht sind. Nur wenigen Lebenden ist es vergönnt, nach Terra lucida zu gelangen, ohne dabei ihr Leben zu verlieren.

Thalamarrh: Zwischenwelt, Station, die ein Träumer auf der Suche nach seinem höheren Selbst durchläuft; Zwischenstation auf dem Weg nach Terra lucida. Auf Thalamarrh gibt es die verschiedenartigsten Wesen, die es fertigbringen, ihre Traumgestalt zu kontrollieren und ihr Handeln zu steuern. Es gibt allerdings nur eine Handvoll Auserwählter, die die Fähigkeit besitzen, die Traumwirklichkeit durch ihr Handeln tatsächlich zu verändern.

Thanatos: »Tod, Todesgott«.

Throsse: s. auch: Huoren; dayanische Gespielen der höheren Damen von Aurora.

Timescape: »der Zeit entfliehen« (Wortschöpfung aus »time«: engl. »Zeit«; »to escape«: engl. »entkommen, entfliehen«).

Transplantatio morborum: Verpflanzung von Krankheiten auf ein gleichsam als »Sündenbock« wirkendes Lebewesen aus dem Patienten, der dadurch geheilt werden soll; dem Grundgedanken nach reine Heilmethode.

Vampyre: zur Klassifikation und Taxonomie der Vampyre siehe bitte: Tabellenanhänge.

Ventros Chosioz: Berg auf der Großinsel Aurora

Verhamael: Licht im Inneren des Weißen Jugulums

Zeitharmonika: Gefäß, das das Maß der Zeit beherbergt; das Maß der Zeit kann sich – je nach Form und Größe seines Gefäßes – ausdehnen oder zusammenziehen.

Zyklop: einäugiger Riese, Palastwächter der Herrscherin Castora.

 

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Klassifikation der Vampyrrassen Terra lucidas

Copyright © 1988-2010 Carola Hipper

Reich

Ätheriden

Ätheriden

Ätheriden

Unterreich

Terrestrier

Terrestrier

Terrestrier

Abteilung

/Stamm

Valintere

Valintere

Valintere

Unterstamm

Aurier

Aurier

Aurier

Klasse

Imponderable

Imponderable

Imponderable

Ordnung

Untote

Untote

Untote

Unterordnung

Polyvalente

Polyvalente

bivalente

Familie

Levioaggregatoren

Levioaggregatoren

Aggregatoren

 

Unterfamilie

Seelenträger

Seelenträger

Seelenträger

Gattung

Hominides

Hominides

Hominides

Art

Vampyre

Vampyre

Vampyridae

Unterart

Rasse

Eryvah oder

Ery(thro)vampyr,

(Rotzellvampyr)

Norrhivah

(Schwarzzell-

vampyr)

Thrombo-

vampyr

 

 


 

Klassifikation der Vampyrrassen Terra lucidas

Copyright © 1988-2010 Carola Hipper

Reich

Ätheriden

Ätheriden

Ätheriden

Unterreich

Terrestrier

Terrestrier

Terrestrier

Abteilung

/Stamm

Valintere

Valintere

Unsterbliche

Unterstamm

Aurier

Aurier

 

Klasse

Imponderable

Imponderable

Imponderable

Ordnung

Bedingt Untote

Bedingt Untote

Vitales

Unterordnung

Monovalente

Bivalente

Monovalente

Familie

Leviatoren

Aggregatoren

Leviatoren

Unterfamilie

Seelenträger

Seelenträger

Seelenträger

Gattung

Hominides

Hominides

Hominides

Art

Vampyre

Vampyre

Vampyridae

Unterart

Rasse

Leukovampyr,

(Weißzellvampyr)

Necrophagozyt

 

Blutnymphe

 

*Ätheriden = Feinstoffler

*Untote = Bedingte Sphärenwanderer


Zeitrechnung

[unvollständiger Entwurf]

ZEITALTER

[Universum von

Terra lucida]

Horon

nach MZR*

EREIGNIS

 

Jahr

v./n. Chr.

I. Äon

(Zeitalter der Schöpfung)

Nullzeit

  • §   Schöpfung der Welten aus der Zeit
  • §   Entstehung der Pole
  • §   Trennung des Superkontinents in mehrere Subkontinente
  • §  
  • §   Die Havatheri erschaffen die Urtiere, die Valintere und die ersten Menschen
  • §   Die ersten Menschen sind Nomaden, die sich von Früchten und Beeren ernähren, später ziehen sie als Jäger und Sammler durchs Land

 

II. Gaya

(Zeitalter der Sieben Weltwunder)

1803

  • §  
  • §   Erschaffung der 12 Pallassier aus den Magischen Steinen; die Weltengötter überwachen und beeinflussen das Wirken der Menschen
  • §   Übergang vom Jäger und Sammler zu Ackerbau und Viehzucht; erste Siedlungen werden gegründet

123

III. Neolith

(Zeitalter der Erneuerung)

3005

  • §  

205

IV. Zagarat

(Zeitalter der Blutmonde)

5678

  • §   Zagreus zeugt mit Soluthinn den Valinteren Zargon »Auferstehung« des Zargon (5678
  • §   Entstehung des Imperium saturnum

388

V. Androchat

(Zeitalter der Eroberer)

8940

  • §   Zeit der Abenteurer und Weltenumsegler
  • §   Layos von Argant entdeckt das vergessene Eiland: Aurora, die Goldene Insel

611

VI. Bandachat

(Zeitalter der Grauen Winde)

10312

  • §   Weltreich des Tyrannen Mordogar
  • §   Nach Mordogars Tod zerfällt sein Reich
  • §   Zeit der Territorialkriege beginnt

705

VII. Kinawan (Zeitalter der Vergeblichkeit)

 

13789

  • §  
  • §   Stellavera wird zur Behüterin des Weißen Jugulums erkoren; Prophezeiung von Orvelyn, dem Magischen Mädchen
  • §   Necromannische Kriege I-VII
  • §   Schlacht von Lyssos beendet den letzten Necromannischen Krieg: Kreopander besiegt Zargon (=Kriegende)
  • §   Zargon wird nach Ambraz verbannt
  • §  

943

VIII. Heliogrós (Zeitalter der Schwarzen Sonne)

19081

  • §   Erstes Triumvirat der Erdenkönige

 

1305

IX. Metathron (Zeitalter des Goldenen Obsidian)

 

21212

  • §   Zweites Triumvirat der Erdenkönige
  • §   Regentschaft des weisen Königs Pharolon

 

1450

X. Orizoum

(Zeitalter der Weltendämmerung)

 

22666

  • §   Drittes Triumvirat der Erdenkönige
  • §   Zeit der Vesuvianischen Kriege
  • §  

1550

XI. Aurea

(Zeitalter der Gezeitenlichter)

29029

 

 

  • §    
  • §   29077 Geburt von Orvelyn (entspricht 1988)

 

  • §  

1985

 

 

2000

n. Chr.

XII. Alethejah

(Zeitalter der Wahrhaftigkeit)

 

noch nicht angebrochen

 

*Zeitrechnung der Metaphoren

 

Horone = Jahre

Horonand = Jahrtausend

Horonande = Jahrtausende

 

 

 


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Die 24 Havatheri

[© 1988 Carola Hipper]

Name & Beiname

Bezeichung & Aufgabe

Athamae, die Ahnenmutter

Oberhaupt der Weißen Schöpfer, Begründerin der Vernunft und Hüterin der höheren Ordnung

Estra-Rah-Diva, die Limbische

Schöpferin der Gefühlswelt und Bewahrerin der Liebe

Hathora, die aus Nebel geborene

Behüterin des Schweigens, der Schwerelosigkeit und der Antigravitation

Idyllanora, die Paradiesische

Schöpferin der Floralen Welten

Stellavera, die Sternenwahrerin

Hüterin des äonischen Lichts, Schöpferin der Farbe

 

Venetirh, der/dieVielfältige

[auch: Venetirah, die Vielfältige, denn Venetirh ist eine Zwittergottheit, also nicht männlich, nicht weiblich]

Schöpfer der Mannigfaltigkeit, Schirmherr der Genetik

Chrysostomos, der Unwägbare

Behüter der Elementarwelt, Schöpfer der ersten Materie

Diotimos, der Zweigeist

Schöpfer der Polarität und Behüter des Magnetismus

Spirogard, der Begnadete

Schöpfer der Schönheit, Behüter der Ur-Wahrheit

Quietos, der Friedvolle

Schöpfer des Vertrauens, der Seligkeit und der Gedanken, Schutzpatron der Entschlafenen

Theotastros, der aus Demut geborene

Schöpfer der Zellstruktur, Behüter der Kleinorganismen und Herrscher über den Mikrokosmos

Zenonnios, der Rastlose

Schöpfer der Bewegung, Initiator der ersten Bewegung, Begründer der Teleportation

Leviathorr, der Ahnenvater

Oberhaupt der Dunklen Ahnen, Schöpfer des Ur-Chaos

Nihilostromos, der Verweigerer

Gebieter der Ungläubigen und Abtrünnigen, Patron der Anta-Gonisten

Rhamenorr, der Verschleierer

Schöpfer der Finsternis und der Vergänglichkeit, Herr der Schatten

Thorrherrsios, der Globale

Schöpfer des Makrokosmos, Behüter von Struktur und Architektur, Hüter der Einfalt, Klarheit und Demut

Ynfamos, der Gewissenlose

Wahrer von Rache und Vergeltung, Patron der Einfältigen und der Gnadenlosen

Zagreus, der Entherzte

Schöpfer der Gefühllosigkeit und der inneren Leere /des Nichts, Beherrscher der Antimaterie

Bromosthenia, die Imposante

Schöpferin der Schwerkraft, Gebieterin über das Meer der Schwarzen Löcher, Schöpferin von Kälte und Erstarrung

Cruelifé, die Bestialische

Schöpferin des Ur-Schmerzes, Patronin der Henker und Folterknechte

Eleazara, die Animalische

Hüter der Faunischen Sphären

Feritassandra, die Verführerin

Schöpferin der Eloquenz und Dialektik, Behüterin der Falschen Wahrheit

Dhaimonea, die Wüstenfee

Herrin über die Sandgefilde, Gebieterin der Geister und Untoten

Ultrizia, die Unentfliehbare

Schöpferin der äonischen Einheit, Patronin der fünf Elemente

 

 

Literatur- bzw. Quellennachweis

Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2005

Britschgi, P. Ezechiel: Name verpflichtet, Arena Verlag, 6. Auflage 1967.

Borrmann, Norbert: Vampirismus oder die Sehnsucht nach Unsterblichkeit, Heinrich Hagendubel Verlag, Kreuzlingen 1998

Craan, Robert: Geheimnisvolle Kultur der Traumzeit, Droemer 2000

Farin, Michael: Heroine des Grauens, Wirken und Leben der Elisabeth Báthory, P. Kirchheim Verlag München 1989

Irmscher, Johannes: Lexikon der Antike, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1985.

Jung, C. G.: Gesammelte Werke Bd. 4, 8, 9, Walter-Verlag Olten 1971-1990

O´Hare, Mick: Warum fallen schlafende Vögel nicht vom Baum?, Piper Verlag GmbH, München 2000

Stoker, Bram: Dracula, Ein Vampirroman in zwei Bänden, Teil 1, Manfred-Pawlak-TB-Verlagsges. mbH, Hersching, © 1967 Carl Hanser Verlag, München.

Wahrig, Gerhard: Fremdwörterlexikon, Mosaik Verlag GmbH, München 1985.

 

Als weitere, unspezifische Quellen dienten diverse mytholgische Schriften (insbesondere die keltische, germanische [unter anderem das Nibelungenlied], griechische, ägyptische, skytische sowie die minoische Mythologie).