Titelmotiv: Gustav Klimt, Adam und Eva
Coverillustration und -gestaltung: Carola Hipper
ISBN 978-3-935505-78-9
Papierformat: 13,5 x 21,5 cm
600 Seiten
Schriftart: Geramond 11
Qualität/Ausstattung: Hardcover mit Schutzumschlag (mattfolienkaschiert), Rundrücken mit Fadenheftung und Lesebändchen
Exposé
Copyright © 2001-2013 Carola Hipper
Vor dem Hintergrund einer mysteriösen Mordserie erzählt Eros & Thanatos die Geschichte zweier Liebender, die ihrer leidenschaftlichen Anziehung zu widerstehen versuchen und dabei mit ihren innersten Ängsten konfrontiert werden: Die Medizinstudentin Angelina verliebt sich in ihren Hochschullehrer, den deutlich älteren Chirurgen Bérard. Während die beiden eine leidenschaftliche Romanze durchleben, ereignet sich rund um den Campus eine Serie rätselhafter Morde. Als Angelina im Kursus der Rechtsmedizin eine Leichenschau an ihrer ermordeten Kommilitonin vornehmen muß, ahnt sie nicht, welche Rolle ihr Liebhaber in diesem grausigen Szenario spielt. Der erfolgreiche Chirurg verbirgt hinter seiner blütenweißen Fassade ein düsteres Geheimnis, das über die Grenzen des Faßbaren hinausreicht.
Getrennt durch das Leben und doch schicksalhaft verbunden, beginnt für die Liebenden eine Odyssee wechselnder Gefühle, als sie versuchen, die natürliche Barriere zwischen Mensch und Dämon zu überwinden. Zwischen den Fronten von Eros und Thanatos geraten sie an den Rand eines selbsterschaffenen Abgrunds.
»Gut gegen Böse«, der klassische Konflikt, zeigt sich in Eros & Thanatos sowohl in der äußeren Handlung als auch in der Seelenmotivation der Charaktere.
Schon der Titel drückt aus, was der Leser auf den ersten Blick assoziiert: nämlich den Widerstreit zwischen Liebes- und Todestrieb (bekannt aus der Psychoanalyse). Die klassischen Handlungsmotive »Liebe« und »Macht« werden in ein altbewährtes Konzept gehüllt und in ein psychologisches Netz eingewebt, das die wahren Motive der Charaktere verschleiert. Die Einleitung einzelner Kapitel erfolgt in Versform, um den Spannungsbogen zwischen Poesie und Mord bzw. Liebe und Tod aufzuzeigen, der den gesamten Plot bestimmt.
Auszeichnend für diese Geschichte sind die Authentizität der Schilderung medizinischer und kriminologischer Vorgänge und die Betonung von Polaritäten, die sich sowohl im äußeren Aufbau als auch in der Entwicklung der Figuren manifestieren: Liebe und Tod, Macht und Ohnmacht, Mensch und Dämon (Namensbedeutungen: Angelina, »die Engelhafte« im Ggs. zu Bérard, »der Bestialische«) sind Gegensätzlichkeiten, die den Widerstreit »Gut gegen Böse« in vielfacher Weise aufzeigen.
Die Hauptfiguren:
Wir lieben die traditionelle Rechtschreibung!
Die Gewißheit, einem anderen Menschen mit Leib und Seele zu gehören, dem anderen ganz und gar zu verfallen, hat etwas Beängstigendes, ja Dämonisches. Genau genommen erfordert die vollkommene Hingabe an den geliebten Menschen eine übernatürliche Form von Vertrauen, das nur wenige Sterbliche aufbringen.
Hätte ich ihn weniger geliebt und ihm mehr vertraut, so hätte unser Leben einen weniger dramatischen Verlauf genommen, darin bin ich mir sicher. Meine Liebe zu ihm, meine unaussprechliche Sehnsucht nach seiner Nähe, machte uns die Zukunft unmöglich. Ich selbst, soweit ich mich erinnere, war immer nur ein Mensch. Insoweit macht es wenig Sinn, mich zu fragen, ob mein Leben anders verlaufen wäre, falls ich es rechtzeitig geschafft hätte, über mich selbst hinauszuwachsen. Und dennoch: Hätte ich ihn mit weniger Leidenschaft geliebt, was, und auch hierin bin ich mir sicher, eine absurde Verklärung unseres Schicksals bedeutet hätte, dann, ja, dann wären wir heute sehr wahrscheinlich ein mehr oder weniger glückliches, womöglich durchschnittliches Ehepaar. Es ist allzu leicht, einen Menschen zu heiraten, den man freundschaftlich, aber leidenschaftslos liebt, denn Liebe ohne Leidenschaft stillt das Bedürfnis nach Sicherheit. Doch wie schwer kann es sein, dem einen und einzigen Menschen über jeden Zweifel hinweg und ohne jede Gewißheit zu vertrauen, wenn man genau weiß, daß man ohne diesen Menschen niemals glücklich, niemals lebendig sein wird?
Als wir uns begegneten, fühlte ich mich klein und schwach und dennoch stark genug, ihn zu lieben. Als ich zu verstehen begann, daß ich mir ein Leben ohne ihn niemals mehr würde vorstellen können, war ich zu klein und zu schwach, mir selbst zu vertrauen. Schlimmer: Ich war zu schwach, ihn gehen zu lassen, als es noch möglich gewesen wäre …
Sein Name war Bérard. Ich traf ihn auf einem Seminar für klinische Urologie, einem Pflichtkurs, den ich als Nachweis für mein Staatsexamen zu absolvieren hatte. […]
Das war eine Leseeprobe aus:
Kapitel I. VERATMETE ZEIT
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So wird vorraussichtlich der Schutzumschlag zu "Eros&Thanatos" aussehen.
Coverdesign by Carola Hipper
Wir lieben die traditionelle Rechtschreibung!
[…] Ein einsames Käuzchen schickte sein Gurren in die sterbende Nacht. Der Morgen graute. Ein verhaltenes Rascheln strich durch das Unterholz, als James zu sich kam. Er spürte seinen Körper nicht. Als er an sich hinunterblickte, bemerkte er, daß er aufrecht sitzend an einer Mauer oder einem Sockel lehnte, den Kopf seitlich geneigt, die Beine weit ausgestreckt über einen Teppich aus Herbstlaub, das von einer haudünnen Schicht aus gefrorenem Tau überzogen war. Er fühlte den kalten Stein in seinem Nacken. Sein Verstand kroch unaufhaltsam in seinen Körper zurück, James kämpfte verzweifelt dagegen an, er dachte, wenn er sein Bewußtsein nur einen winzigen sterbenskurzen Moment länger von der Realität abschirmen könnte, müßte er seiner Angst nicht ins Auge sehen. Eine Sekunde später hatte ihn eben jene Realität, die er so sehr fürchtete, eingeholt. Es war eine Wirklichkeit, die nach allem, was ihm heilig war, nur ein böser Traum sein konnte. Langsam, wie um das nahende Unheil nicht heraufzubeschwören, hob er den Blick.
Sie waren zu viert. Ihre Silhouetten bäumten sich vor ihm auf wie aus Eis gemeißelte Monolithen. Ein lautes Pulsieren zerrte an seinem Trommelfell – es war sein Herz: aufgewiegelt von hämmernder Angst preßte es das Blut in gewaltigen Salven durch seine Adern. Sie starrten ihn an, wortlos, regungslos, kalt – wie ein dämonisches Tribunal, das sein Urteil gefällt hatte. Sein Körper war schweißnaß, das Adrenalin drängte aus weit geöffneten Poren durch sämtliche Hautschichten hindurch, verfing sich in seiner Kleidung und vermischte sich mit seinem Atem, der flach und schnell die Luft aus seinen Lungen hinaustrieb, um sie gleich darauf hektisch wiedereinzusaugen.
James wollte aufspringen und schreiend davonlaufen, doch seine Muskeln gehorchten ihm nicht. Er mußte tatenlos zusehen, wie sich eine der Gestalten aus dem dunklen Verband löste und langsam, fast schwebend, auf ihn zuglitt. Er versuchte, die Augen zu schließen, doch seine Lider bewegten sich nicht. Hilflos starrte er der sich nähernden Gefahr entgegen. […]
Das war eine Leseprobe aus:
Kapitel VII. DAS GESTÄNDNIS
Wir lieben die traditionelle Rechtschreibung!
»[…] Hinter jedem Leichnam steckt ein Schicksal, unabhängig von der Todesursache. Darauf kann ich Sie nicht schonend vorbereiten. Sie werden genau das zu sehen bekommen, was der rechtsmedizinische Alltag hergibt, Sie werden sehen, was ich jeden Tag sehe, ungeschönt und ohne rosarote Brille. Sie wollen Ärzte werden, also reißen Sie sich am Riemen, sonst tu’ ich es! Falls Sie umkippen, achten Sie bitte darauf, die Tische nicht umzureißen. Falls Sie sich übergeben müssen, dann bitte nicht auf die Leichen. Fragen können Sie jederzeit stellen, aber bitte nur, wenn es intelligente Fragen sind. Wir fangen mit etwas Einfachem an. Wer von Ihnen kann mir drei sichere Todeszeichen nennen?« Ich stieß Susanna in die Seite.
»Melde dich!« raunte ich ihr zu. »Die Todeszeichen kennst du doch! Melde dich jetzt, dann brauchst du vielleicht später nicht an die Leiche.« Doch es war schon zu spät. Aus den vorderen Reihen der Gruppe rief jemand:
»Totenstarre!«
»Richtig, Rigor mortis ist eines der sicheren Todeszeichen«, nickte Julia Eden. »Was noch?«
»Fäulnis«, flüsterte eine unsichere Mädchenstimme.
»Natürlich! Autolyse und Fäulnis gehören zu den sicheren Todeszeichen«, bestätigte die Kursleiterin.
»Fäulnis gibt es auch beim Lebenden!« rief Natalie, eine unserer besonders strebsamen Kommilitoninnen.
»Da heißt das aber Gangrän!« kommentierte jemand.
»Ach, echt?!« sagte ich ironisch. »Und wie nennt ihr dann Totenflecken am lebendigen Patienten? Hämatome?« Meine kleine ironische Bemerkung löste Gelächter aus. Dann begannen alle wild durcheinanderzureden, bis die Dozentin eingriff:
»Ihr kleiner Disput, meine Herrschaften, bringt mich auf die Idee, daß Sie einige grundsätzliche Begrifflichkeiten nicht verinnerlicht haben könnten. Welche Todesbegriffe kennen Sie?« Sie blickte auffordernd in die Runde.
»Den klinischen Tod!« rief jemand.
»Richtig. Was noch?«
»Den Scheintod!« sagte ein anderer.
»Hirntod«, hörte ich Susannas Stimme zaghaft rufen.
»Sehr richtig«, bekräftigte Julia Eden, »der Hirntod ist ein wichtiger Begriff aus der Transplantationsmedizin.«
»Den endgültigen Tod«, ergänzte Susanna, die nun etwas selbstsicherer klang.
»Ist der Tod nicht immer endgültig?« frotzelte Mark, unser »Klassenclown«, der selten etwas oder jemanden ernst nahm.
»Eben nicht!« verteidigte ich meine Freundin. »Per definitionem bezeichnet der endgültige Tod das Ende der menschlichen Existenz. Der endgültige Tod erfordert als Erfüllungskriterien den irreversiblen Stillstand von Kreislauf und Atmung und mindestens ein sicheres Todeszeichen. Ohne wenigstens eines der sicheren Todeszeichen kann es sich auch um einen reversiblen Zustand und damit um den klinischen Tod handeln. Ein klinisch toter Patient ist aber nicht endgültig tot. Die Reanimationszeit des Gehirns beträgt bis zu 10 Minuten, bei Unterkühlung gegebenenfalls länger. Deshalb ist die Abgrenzung zum endgültigen Tod ja gerade so wichtig!«
»Streberin!« rief mir Mark zu.
»Idiot!« gab ich zurück.
Julia Eden blickte amüsiert in die Runde. »Mir scheint, wir haben hier eine akademische Diskussion angefacht! Die ›Streberin‹ und der ›Idiot‹ kommen bitte zu mir nach vorn.« Widerwillig löste ich mich aus der Gruppe und begab mic an die Seite der Dozentin. Mark gesellte sich mit wenig begeistertem Gesicht zu uns.
»Wie heißen Sie?« Julia Eden blickte mich an.
»Andres«, erwiderte ich knapp.
»Frau Andres hat mit ihrer Unterscheidung zwischen dem klinischen und dem endgültigen Tod selbstverständlich recht. Für eben diese Abgrenzung ist ja so wichtig, die sicheren Todeszeichen zu kennen. Andererseits muß die mit Flecken übersäte Haut eines leblosen Menschen nicht bedeuten, daß es sich um Totenflecken handelt. Generalisierte Hämatome können in der Tat auch bei einem bewußtlosen Patienten mit Vita reducta vorkommen und bedeuten nicht zwangsläufig, daß Sie eine Leiche vor sich haben. Auch der Einwand, fäulnisähnliche Erscheinungen gäbe es auch am Lebenden, ist berechtigt. Wundbrand, bzw. Gangrän führt zum Absterben von Gewebe, was selbstverständlich nicht ausschließlich post mortem vorkommt. Sie sehen, wie wichtig es ist, eine sorgfältige Leichenschau abzuhalten, schon um das Übersehen eines Scheintodes zu verhindern. Gibt es noch andere sichere Todeszeichen, oder haben wir alles genannt?« Sie blickte erwartungsvoll in die Runde.
»Lichtstarre Pupillen sind ein sicheres Zeichen für den Hirntod«, meldete sich Mark zu Wort. Ich schüttelte den Kopf, verzichtete aber auf einen Kommentar.
»An dem Tag, als Professor Rüdinger mit Ihnen die Grundbegriffe der Thanatologie besprochen hat, waren Sie wohl krank, junger Mann?« sagte Julia Eden spöttisch. »Fehlende Pupillenreaktion, Blässe, Abnahme der Körperwärme, Muskelatonie und Areflexie zählen genauso wie Atem- und Kreislaufstillstand zu den unsicheren Todeszeichen! Merken Sie sich das!« […]
*In der medizinischen Fachliteratur heißt es nicht »Leichenflecke« bzw. »Totenflecke«, sondern man spricht tatsächlich von »Leichenflecken«!
Das war eine Leseprobe aus:
Kapitel V. IRRUNGEN, WIRRUNGEN